Ich befinde mich heute in Sarajevos Stadtteil Dobrinja auf einer Straße namens “Bulevar Mimara Sinana”. Sie ist nach einem der bedeutsamsten Architekten aus dem Osamischen Reich benannt. Ab einem bestimmten Punkt heißt dieselbe Straße anders.

Sie wird nun “Srpskih vladara” ([Anm. Straße] der Serbischen Herrscher) genannt. Der Grund? Ich befinde mich nun in Ost-Sarajevo, dem Teil der Hauptstadt, der unter der Verwaltung der Serbischen Republik steht.

Durch Sarajevo verläuft nämlich eine Grenze. Sie ist nicht gekennzeichnet, sie ist nicht sofort sichtbar. Sie wird auch nicht durch einen Grenzzaun oder Stacheldraht abgegrenzt. Aber sie ist da.

Das Land wurde nämlich durch den 1995 unterzeichneten Dayton-Vertrag, der den Krieg offiziell beendete, in zwei Entitäten geteilt: Die Föderation von Bosnien und Herzegowina, in der mehrheitlich muslimische Bosniaken und katholische Kroaten wohnen, und die Republika Srpska (Serbische Republik), in der überwiegend christlich orthodoxe Serben wohnen.

Und auch Sarajevo ist auf diese Weise in zwei Teile aufgeteilt.

Die Grenze zwischen der Föderation von Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska verläuft auch durch Sarajevo. 

So fahren zum Beispiel die O-Busse aus Sarajevo nicht nach Ost-Sarajevo. Aus dem O-Bus ausgestiegen habe ich nach ein paar wenigen Metern aber die Grenze zwischen den beiden Stadtteilen zu Fuß überquert. Ich wollte wissen, welche Unterschiede mir auffallen. Ist die Grenze überhaupt bemerkbar?

Und ja, das ist sie. Man merkt es daran, dass auf einmal neben der lateinischen auch die kyrillische Schrift zu lesen ist – auf Werbetafeln, bei den Geschäftsnamen, auf den Straßenschildern. Auch der Hauch von Orient, der vor allem im Zentrum Sarajevos sehr stark präsent ist, ist weg.

Ich sehe keine bosnischen Fahnen, dafür aber Fahnen der Serbischen Republik. Die Cafés und Lokale verkaufen und werben für die Biermarken “Zaječarsko” und “Jelen”, die beide aus Serbien kommen. Ich spaziere etwas weiter und entdecke das Hotel “Beograd”.

Ein paar Meter weiter entdecke ich von weitem eine orthodoxe Kirche. Auch die Namen der Geschäfte und der Straßen klingen “serbischer”. Es ist offensichtlich, dass man sich plötzlich an einem “anderen Ort” befindet.

Ich verlasse Ost-Sarajevo wieder, die Flaggen der Serbischen Republik sind danach nicht mehr zu sehen.

Ich muss ehrlich sagen, der Spaziergang durch das zweigeteilte Dobrinja war auf irgend eine Weise faszinierend. Die Grenze war zwar nicht streng gekennzeichnet, die Spaltung wirkte für mich aber offensichtlich.

Ob und wie gespalten die bosnische Bevölkerung bis heute aber tatsächlich noch ist, wird mir in den nächsten Tagen eine Soziologin aus Sarajevo noch genauer erklären.

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“Meeting of Cultures”: Sarajevo – Das Sinnbild von Vielfältigkeit