Von einem Platz für Navalny und einem Säckchen Marihuana im Garten
An der alten Kloosterstraat in Richtung Zentrum pflegt ein junger Mann ein Denkmal. Blumen, Kerzen, Fotos. Alles steht auf einem leicht grünlichen Stein. Das Denkmal ist Peter dem Großen gewidmet, dem ersten Kaiser des Russischen Reiches. Doch die Kerzen und Blumen gehören dem Mann auf den Fotos: Alexei Navalny.
Der junge Mann, der die Kerzen, Blumen und Fotos bringt, heißt Evgeny Lidzhiev. Er ist Russe und seit knapp einem Jahr in Antwerpen. "Wir wollen einen Platz in Antwerpen, der nach Alexei Navalny benannt wird. Es muss nicht dieser sein, aber da es eine Verbindung zu Russland gibt, haben wir diesen Platz gewählt, um auf unsere Forderung aufmerksam zu machen", sagt Lidzhiev.
Er hat in Moskau als Rechtsanwalt gearbeitet. Wegen des Krieges macht er jetzt einen Master in Antwerpen. "Nawalny war ein überzeugter Europäer, der Russland als Teil Europas sah. Deshalb glauben wir, dass seine Botschaft für ganz Europa wichtig ist, auch für Antwerpen", sagt Lidzhiev, der mit einer Online-Petition um Unterstützung für einen Navalny-Platz wirbt.
Bei einem Spaziergang durch die Innenstadt stößt man immer wieder auf die reiche Geschichte der Stadt: Jahrhundertealte Gebäude wie die gotische Liebfrauenkathedrale oder die Burg Steen, die bereits im 13. Jahrhundert erbaut wurde, zeugen davon. Auch die Spuren Österreichs sind durch eine Flagge am Rathaus sichtbar.
Spuren der Tonnen an Kokain in Antwerpen sind hingegen unsichtbar. Auf Nachfrage antwortet der Neo-Antwerpener Lidzhiev aber das Gleiche wie alle Menschen hier: "Ja, das ist ein großes Problem in Antwerpen." Die Einheimischen wissen wo die Drogen verkauft werden und welch bedeutende Rolle ihre Stadt für den europäischen Drogenmarkt spielt. Vor allem für den von Kokain, aber nicht nur. "Im Garten meiner Tochter ist einmal ein Sack mit Marihuana gelegen. Das gehört auch zu Antwerpen", erzählt mir eine Frau, die ein Hotel in Antwerpen betreibt.
So sichtbar wie die Geschichte der Stadt und die Forderung nach einem Platz für Navalny sind die Drogenprobleme im Kern der Stadt jedenfalls nicht. Zumindest bisher. Morgen treffe ich eine auf Sucht spezialisierte Sozialarbeiterin in einem Problemviertel von Antwerpen. Mal sehen, welche Geschichten die Straßen dort erzählen.