“Happy Birthday” Mauerfall und die Lobbys der Länder

In schwarzen Buchstaben steht "Birthday" auf einer bunt bemalten Wand. Wobei es nicht irgendeine Wand ist, sondern ein Stück der Berliner Mauer. Und die feiert tatsächlich eine Art Geburtstag: Denn vor 35 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen. Doch bis heute steht ein Teil davon neben dem Europäischen Parlament in Brüssel.

Eine italienische Familie betrachtet das in Glas verpackte Stück der Berliner Mauer. Der Vater erzählt seinen drei Kindern etwas auf Italienisch. "Ja, aber mein Englisch ist nicht gut genug, um dir die Geschichte zu erzählen", antwortet er lächelnd auf die Frage, ob er seinen Kindern gerade die Geschichte der Mauer erzählt habe. “Wir kommen aus Neapel. Berlin ist für uns weit weg. Also habe ich den Kindern erzählt, dass die Familien in Berlin damals durch die Mauer getrennt wurden. Dann können sie sich vorstellen, wie schlimm das war”, sagt der Vater. Seine Englischkenntnisse reichen dann doch aus, wie er selbst stolz bemerkt.

Ein Stück Berliner Mauer in Brüssel.

Die Lobbys der Länder

Insgesamt sind an diesem regnerischen Sommertag aber nur wenige Menschen im EU-Viertel von Brüssel anzutreffen. Das EU-Parlament ist bis Ende August auf Sommerpause und mit ihnen auch viele andere, die ohne die Parlamentarier:innen nichts in Brüssel zu tun haben. Denn in Brüssel ist Netzwerken ein zentraler Aspekt vieler Jobs.

Wer in Brüssel vor Ort ist, der kann die eigenen Interessen besser vertreten und an die Parlamentarier:innen herantragen. All die Lobbys und Vertretungen sämtlicher Länder und Regionen fallen bei einem Spaziergang durch das EU-Viertel auch auf. Gleich ums Eck vom EU-Parlament, in der Rue du Commerce, hängt die Fahne von Kärnten. “EU-Verbindungsbüro Land Kärnten” steht auf dem Schild neben der Eingangstüre. Ein paar Schritte weiter befindet sich das Verbindungsbüro von Niederösterreich.

Das Schild des Kärntner Verbindungsbüros.

Die Verbindungsbüros vertreten die Interessen der Bundesländer in Brüssel. Netzwerken, Interessen vermitteln, Entscheidungsträger:innen beeinflussen. Sie sind sozusagen die Lobbys der Länder. Doch für neun österreichische Bundesländer gibt es nur acht Büros in Brüssel. “Vorarlberg hat sich zum Zeitpunkt des EU-Beitritts Österreichs – im Gegensatz zu den anderen österreichischen Ländern – nicht für die Einrichtung eines Verbindungsbüros in Brüssel entschieden, zumal eine zum damaligen Zeitpunkt auch in Diskussion gestandene Schaffung eines gemeinsamen „Hauses aller österreichischen Länder“ nicht zustande gekommen ist”, erklärt Thomas Mair von der Landespressestelle Vorarlberg diesen Umstand.

Bis heute sieht Vorarlberg keine Notwendigkeit für ein eigenes Büro. “Vorarlberg ist seit vielen Jahren in vielfältigen grenzüberschreitenden Kooperationen engagiert und bringt sich seit EU-Beitritt Österreichs sehr aktiv in die EU-Prozesse ein, ungeachtet des Umstands, dass kein Verbindungsbüro besteht”, sagt Mair. Alle anderen Bundesländer hingegen halten ein eigenes Büro für notwendig. Doch braucht wirklich jedes Bundesland ein eigenes Verbindungsbüro in Brüssel? Wenn ja, welche Nachteile bringt das Fehlen eines Büros für Vorarlberg?

Zurück an den Schreibtisch

Mit diesen Fragen und all den Eindrücken aus Belgien im Gepäck, reise ich wieder zurück nach Wien. Auch wenn all diese Erfahrungen nicht im Büro gemacht werden können, so müssen die Geschichten jetzt am Schreibtisch aufgeschrieben werden.

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Entlang des Berliner Mauerweges

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Wie denken die Menschen in Lettland über die EU?