Ein Spaziergang durch Pristina

Der Taxifahrer flucht. So einen Verkehr gebe es hier immer, egal zu welcher Tageszeit, grummelt er und flucht nochmal. Wir kurven zwischen den Fahrstreifen hin und her, überholen Busse und Lastwägen, es wird gehupt, gestikuliert. Der Taxifahrer grüßt einen Kollegen, der uns entgegenkommt. Er lässt das Fenster herunter und ruft dem Kollegen auf Albanisch triumphierend zu: „Ich habe die richtige Spur gewählt!“ Stimmt, wir sind ein bisschen schneller als davor, bewegen uns aber immer noch langsam voran.

Aber wir haben es nicht besonders eilig, das Tempo ist heute egal. Es ist der erste Tag in Pristina. Wir wollen uns heute einen ersten Überblick über die Stadt verschaffen, bevor die Recherche startet. Mich begleitet meine Freundin Marigona. Sie ist Albanerin aus Nordmazedonien, die in Wien aufgewachsen ist. Von unserem Appartement haben wir einen großartigen Ausblick direkt ins Fußballstadion. Sehr praktisch, am Samstag spielt hier Kosovo gegen Schweiz. Wir wohnen im 10. Stock in einem der Hochhäuser im Zentrum, gleich um die Ecke des Mutter-Teresa-Boulevards. Mutter Teresa begegnet man hier öfter. Sie wurde 1910 als Agnes Gonxha Bojaxhiu im Gebiet des heutigen Skopje, Nordmazedonien in eine albanische Familie geboren. Ihre Mutter stammte aus dem Kosovo, ihr Vater aus Albanien.

Ein Hof im Stadtzentrum von Pristina

Ein Hof im Stadtzentrum.

Bevor es losgeht mit der Stadttour müssen wir aber erst eine Apotheke suchen. Irgendwo habe ich mir eine Erkältung eingefangen, die sich gerade zum richtigen Zeitpunkt so richtig entfaltet. Hustend und schniefend stehe ich vor der Apothekerin, die mich gleich fragt, woher wir sind. Bei der Antwort Wien, beginnt sie sofort begeistert auf Deutsch zu sprechen. Ich bekomme alle möglichen Pülverchen, Pillen und Genesungswünsche. Ausgerüstet geht es los mit unserem Stadtspaziergang.

Bücherschrank am Mutter-Teresa-Platz in Pristina

Am Mutter-Teresa-Platz

Wir gehen vorbei an den Statuen von Mutter Teresa und Skënderbeu, dem albanischen Nationalheld, umrunden die futuristische Nationalbibliothek mit ihren Kuppeln und die Ruine der halbfertigen serbisch-orthodoxen Kirche „Christ der Erlöser“. Die Kirche wurde Mitte der 90er Jahre von Präsident Slobodan Milošević gebaut. Kosovo war damals serbische Provinz und Milošević wollte mit der Kirche den serbischen Einfluss festigen. Seitdem wurde die Kirche weder zerstört noch fertiggestellt.

Die Christ-Erlöser-Kirche in Pristina

Die Christ-Erlöser-Kirche

Beim Gehen durch die Stadt hat man das Gefühl, dass hier nur junge Leute wohnen. Die Kaffees, Plätze und Parks sind voll. Dieses Gefühl zeigt sich aber auch in der Statistik: Das Durchschnittsalter der Kosovar*innen liegt bei 31 Jahren. Zum Vergleich: Die Österreicher*innen sind durchschnittlich 44 Jahre alt.

Wohngebäude mit einem Graffiti von Dua Lipa

Dua Lipa, ursprünglich aus dem Kosovo.

Morgen geht es los mit der Recherche, ich bin schon gespannt!

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