Gerechtigkeit eines Tages?

Einem langen Hin und Her mit der Pressestelle des Internationalen Strafgerichtshofs folgte schließlich die Absage: doch nicht das angebotene Gespräch mit einem Experten im Feld der Beweissicherung, erst recht kein Interview mit dem Chefankläger Khan und nicht einmal ein Hintergrundgespräch off the records. “Keine Auskünfte über laufende Ermittlungen”, hieß es schlussendlich. Was mich nicht davon abhalten sollte, das Gebäude dennoch erstmalig zu besuchen. In meiner Zeit in Den Hag war ich nur zweimal beim Internationalen Gerichtshof zu Gast und hörte mir dort Verhandlungen an.

Internationaler Strafgerichtshof Den Haag

Aber ein mögliches zwischenzeitliches Zuhause - für die Zeit des Verfahrens - Wladimir Putins und weiterer mutmaßlicher Kriegsverbrecher wollte ich mir dann eben doch anschauen. Es war wenig los, die Ausstellung mager, keine Verhandlungen ob der Sommerpause des Gerichts, das Erklärvideo kurz. Aber der Strafgerichtshof ist wie wir wissen - und ich auch schmerzhaft spürte - eben keine Institution der großen Worte. Soll mir recht sein, wenn stattdessen zumindest gearbeitet wird. Zu tun gibt es, auch abseits der Ukraine ja leider mehr als genug. In nicht weniger als 17 Orten werden aktuell mutmaßliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersucht.

Tafel im Internationalen Strafgerichtshof mit der Aufschrift "This Cause is the cause of all humanity"

Der Leitspruch ergreift einen, je mehr man sich jedoch einließt, desto eher werden einen die langsamen Mühlen der Justiz bewusst. Von den 40 ausgestellten Haftbefehlen erloschen zudem sechs durch den Tod der Gesuchten. Zu oft können sich Verbrecher leider auf die Nichtkoperation ihrer Staaten mit dem Strafgerichtshof verlassen, weil sie das Römische Statut nicht unterschrieben haben. Aber immerhin bleiben die Haftbefehle lebenslang aufrecht.

Sackerl für Beweismittel

Ein Beweissackerl. Alle Beweismittel, die nicht zu groß, giftig oder gefährlich sind werden im Tresorraum des Gerichts verschlossen.

Dass Wladimir Putin für die Verschleppung von Kindern überhaupt belangt werden kann, liegt übrigens daran, dass das Unrecht in einem Staat geschah und geschieht, welcher zwar (noch) nicht offiziell den Gerichtshof anerkennt, de facto dessen Rechtssprechung aber seit einigen Jahren akzeptiert. Und so heißt es für die Ukraine freilich auch ihren Abwehrkampf möglichst im Rahmen des internationalen Völkerrechts zu absolvieren. Damit Putin eines Tages in Den Haag landet und ihm dort der Prozess gemacht wird, müsste jedoch einiges passieren. Mein Kollege Jakob Pflügl und ich haben das schon einmal aufgeschrieben für den STANDARD.

Am Abend konnte ich noch zwei junge engagierte Männer mit ukrainisch-niederländischen Wurzeln an meiner alten Uni in Den Haag treffen, welche es sich zu ihrer Aufgabe machten den Internationalen Strafgerichtshof bei seiner Beweissammlung zu unterstützen. Darüber erzähle ich euch aber morgen mehr! Gute Nacht aus Amsterdam.

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“Kuklus” – ein bescheidenes Volk

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First things first: Goedendag vanuit Den Haag