Künstliche Intelligenz im Klassenzimmer

Sensoren messen, wenn sich ein Schüler im Raum bewegt, die Künstliche Intelligenz ist am Werk. „Barbara geht von dieser in jene Area“, stellt sie fest. „Hallo Barbara, willkommen im Lesebereich“, werde ich willkommen geheißen. „Was möchtest du lesen? Ich habe gesehen, du hast gestern diesen Film auf Netflix gesehen. Willst du mehr darüber lesen?“

So stellt sich Matthew Montebello das Klassenzimmer der Zukunft vor. Wobei es kein „Klassenzimmer“ im engen Sinn sein wird, sondern ein „offener Lernbereich“. Ein ganzes Stockwerk, auf der einen Seite arbeiten Schüler an Gegenständen, auf der anderen dokumentieren sie Prozesse und Abläufe, in dieser Ecke programmieren sie, in der anderen hantieren sie mit VR-Brillen. Und immerzu wird man von der KI beobachtet und begleitet. Gruselig? Nicht für den Direktor des Department of Artificial Intelligence an der L-Università ta' Malta. „So wie unser Leben wird AI auch das Lernen und Lehren verändern. In etwas, das Spaß macht, etwas, das uns produktiver machen wird“, zeigt sich der ehemalige Lehrer überzeugt.

Pädagogen werde Arbeit abgenommen, sagt er. Die KI wird etwa für jeden Schüler individuelle Aufgabenzettel erstellen können. „Sie unterstützt sie dabei, Ressourcen zu schaffen oder Ideen für den Unterricht zu finden.“ Warum also verbieten? Das sei wie damals, als ihm in seiner Schulzeit der Taschenrechner verboten wurde. „Wir haben ein hilfreiches Tool und wir verbannen es?“ Auf jeden Fall aber müsse der Einsatz von Künstlicher Intelligenz reguliert und kontrolliert werden. „Wenn wir keinen rechtlichen Rahmen haben, verlieren wir die Kontrolle darüber.“

Außerdem müsse Menschen der Umgang damit nähergebracht werden, betont Montebello, und bringt noch einen Vergleich. „Mein Vater ist 90 Jahre alt. Wenn er die Mikrowelle verwendet, drückt er tausend Knöpfe gleichzeitig, die Mikrowelle macht etwas ganz anderes, als er von ihr möchte. ‚Die hat ihren eigenen Willen‘, ärgert sich mein Vater. Nein, sage ich, du musst nur wissen, wie sie funktioniert. Du drückst jetzt Stop, dann gibst du ein, wie viele Sekunden oder Minuten sie im Einsatz sein soll und dann drückst du Start. Und schon klappt es, weil ich weiß, wie sie funktioniert. Ganz gleich ist es mit der Intelligenz.“ In zwei Jahren werde jeder wissen, dass es so etwas wie Künstliche Intelligenz gibt, so der Maltese. Dann brauche es noch zehn bis 15 Jahre, bis sie wissen, wie man es benutzt. „Und das ist wichtig. Weil sonst macht sie ihnen Angst. Oder sie glauben, sie entwickle ihren eigenen Willen.“

Aber wie bringt man Menschen etwas so Abstraktes und Komplexes wie Künstliche Intelligenz näher? „Mit viel Praxisbezug“, sagt er und drückt mir eine Drohne in die Hand. „So wie wir es am Institut machen.“ Dort haben Studenten dieser Drohne über Verarbeitung natürlicher Sprache (Natural Language Processing, NLP) und Mustererkennung nicht nur beigebracht, Befehle auszuführen, sondern diese auch auszuführen, wenn man sie ihr mit Zeichensprache mitteilt. „Nach oben. Nach unten. Im Kreis drehen.“

Im Kellerabteil des Instituts arbeiten Studenten unterdessen an weiteren Projekten. Einer arbeitet ein Konzept aus, wie man Kindern anhand von Spielen KI näherbringt – „Gesichtserkennung oder Robotik, alles kann man spielerisch darstellen.“ Ein anderer arbeitet an einem Modell für den Verkehr: Fahrzeugerkennung, Geschwindigkeit, Anzahl an Fahrzeugen, die eine bestimmte Linie überschritten haben. „Und als nächstes möchte ich herausfinden, wie ich auch die Nummernschilder erfasse.“ Der Student neben ihm möchte einen Chatbot für Immobilienunternehmen verbessern. Er soll adäquat auf die Fragen der Kunden eingehen können, ihnen die Information geben, die sie brauchen. Die Studenten haben eigentlich Ferien, aber kommen über ein Sommerprogramm zum Lernen und Arbeiten an die Uni. Sie konzipieren, sie installieren, sie tüfteln. Wie in einem offenen Lernbereich.

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“Wir sind Südländer. Was willst du mehr?”

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… und wenn sich die KI verselbstständigt?