Tag 2: Ökonomische Vorteile und Sommersachsen
Text: Ágnes Czingulszki, Fotos: Florian Scheible
Wir sitzen im Auto, noch voller Eindrücke von den Ereignissen des Vortages und sind unterwegs zu einem deutschen Unternehmen, das sich in der 2004 gegründeten Industriezone des Landes niedergelassen hat.
Man will nicht namentlich erwähnt werden, da es dieses Jahr nicht nur zu Wahlen im Land kommt (Ende November und Anfang Dezember wird sowohl das Amt des Präsidenten gewählt, wie auch das Parlament), sondern man mit dem Thema unserer Recherche – Siebenbürger Sachsen – nicht in Verbindung gebracht werden will. „Wir sehen uns einfach auf einer ganz anderen Ebene, auch, wenn wir natürlich von den Beziehungen, die das Erbe der Siebenbürger Sachsen in Hermannstadt mit sich bringen profitieren“. Wir erfahren viel darüber, wie aus Weideland eine prosperierende Industriezone wurde, wie sich Großunternehmen wie Siemens, Continental und Marquardt – vor allem im Sektor Autobau – angesiedelt haben. Heute arbeiten hier zirka 15.000 Personen. In den Jahren um 2016 gab es hier einen regelrechten Krieg, den man geführt hat, um Fachkräfte zu finden. Man lockte sie sich gegenseitig aus den Produktionshallen und brachte sie mit Werksbussen in einem Umkreis von 70 km in die Stadt. Heute ist die wirtschaftliche Lage eine andere, viele Mitarbeiter*innen werden auf Grund von Automatisierungen nicht mehr nachbesetzt, wenn sie gehen und so wurde in diesem Unternehmen die Zahl der Mitarbeiter*innen um ein Drittel weniger.
Nach der Führung im Werk – in Spezialanzug und Spezialschuhen – ging es dann weiter nach Târgu Mureș/Marosvásárhely, wo eine große Ungarische und Roma-Community lebt. In einem Interview mit einer Ungarischen Journalistin erfahren wir viel über die Rolle der Ungarischen Bevölkerung in der Rumänischen Politik und warum sich Rumänen und Deutsche besser verstehen als Rumäne und Ungarn.
„Die Ungarische Minderheit ist zahlenmäßig gefährlicher“ – bis zu sechs Prozent macht sie aus und ist sehr gut mobilisierbar. Auch ist sie sehr Pro-Fidesz – bis zu 90 % finden die Arbeit, die der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán, leistet gut. Erwähnt wurde auch das dubiose Auftreten beim Tusványos Fesztivál – einer jährlich stattfindenden politischen Sommerakademie bei Tusnádfürdö – in Transsilvanien. Seine prorussische Rede wirbelte viel Staub in der internationalen Politik auf.
Zurück in der Gegend von Hermannstadt trafen wir weitere deutschsprachige Menschen, die nun wegen dem Sachsentreffen zurückgekommen sind, bzw. ihre jährlichen drei Wochen Ferien im Sommer hier in den Häusern ihrer Vorfahren verbringen. Sie werden von der hiesigen Bevölkerung Sommersachsen genannt.