Tag 1: Deutsch-Rumänische Prietenie

Text: Ágnes Czingulszki, Fotos: Florian Scheible

Siebenbürgen/Transsilvanien ist ein Schmelzpott der verschiedenen Ethnien – der Übergang zwischen ihnen sehr fluide. Das war die erste Lehre, die wir von unseren Treffen in Sibiu gezogen haben. Am ersten Tag sprachen wir mit einem rumänischen Mann, der auch Mitarbeiter des heutigen rumänischen Präsidenten und damaligen Bürgermeisters der Stadt – Klaus Johannis – war. Wir erfuhren viel darüber, was Johannis alles bewegt hat – zum Beispiel eine Industriezone nahe des Flughafens und die Verschönerung der Stadt und Parks – und welchen Stellenwert deutsche Sprache in Hermannstadt hat. Es gehörte schon in den Jahrzehnten des Ceaușescu-Regimes für bessergestellte Familien zum guten Ton, die Kinder entweder in eine deutsche Schule zu schicken oder ein sächsisches Kindermädchen anzustellen.

Bei unserer Ankunft waren die Vorbereitungen für das Große Sachsentreffen, das am Wochenende stattfindet und wo 15.000 Personen (davon 2.000 Personen von deutschen Traditionsgruppen aus aller Welt) erwartet werden, im vollen Gange. Vom Wochenende davor stand noch eine riesige Bühne am Großen Ring/Piața Mare – dem Hauptplatz der Stadt –, auf der die US-Amerikanische Metalband Korn ihr Konzert gab. Nun wird sie gleich weiterverwendet. Im Sommer wird es in der Stadt nie ruhig. Vom internationalen Theaterfestival über Traditionstreffen bis hin zu – meist kostenlosen – Großkonzerten, wimmelt es in der Stadt vor lauter Menschen.

So folgten auch bei uns ein Treffen aufs andere. Im Café Intim – ebenfalls direkt am Großen Ring – tranken wir gemeinsam mit dem Leiter der Siebenbürger Sächsischen Volkstanzgruppe eine Limo und sprachen über seine Arbeit als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen in Rumänien. Er selbst ist Rumäne, ist aber seit der Schulzeit mit der deutschen Sprache und den Sächsischen Tänzen aufgewachsen. Seit einigen Jahren tanzt nicht nur selbst, sondern leitet die Volkstanzgruppe – zirka 20 Paare. Sofort darauf konnten wir die Gruppe im Spiegelsaal des Lutscherhauses in der Altstadt beim Proben beobachten. Die Buben stampfen, die Mädchen werden durch den Saal geschleudert. Es ist nicht streng, vor allem soll es Spaß machen und das haben sie sichtlich.

Danach ist noch Hauptprobe der Tracht angesagt, denn am Freitag wird es dann ernst. Wir konnten mit vielen Jugendlichen ins Gespräch kommen – alle konnten Deutsch – und erfahren, warum sie als Rumän*innen oder Ungar*innen sich so sehr mit diesem Kulturkreis identifizieren können. Der Konsens: Die Tänze machen einfach Spaß, man fühlt sich in der Gruppe gut aufgehoben und kann dank Auftritten in ganz Europa auf Reisen gehen. Ein erster Einblick in die Deutsch-Rumänische Prietenie, also Freundschaft, wie es der Leiter der Siebenbürger Sächischen Volkstanzgruppe nannte.

Zurück
Zurück

Tag 2: Ökonomische Vorteile und Sommersachsen

Weiter
Weiter

Hierarchie der Minderheiten