“Schule alleine kann nicht alles leisten”

Dass ich das letzte Mal in einen Schulbus gestiegen bin, ist zehn Jahre her.
Artig und pflichtbewusst präsentierte ich damals im Kärntner Hinterland unserem Chauffeur meinen Ausweis. Eine kleine Plastikkarte, die in Luxemburg mittlerweile überflüssig ist. Denn hierzulande ist der öffentliche Nahverkehr seit drei Jahren kostenlos – und zwar für alle. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mein erster Zwischenstopp während dieser Recherchereise führt mich nach Bridel – ein kleiner Ort in der Gemeinde Kopstal. Schmucke Einfamilienhäuser erscheinen rechts und links von mir, als ich zur örtlichen Grundschule spaziere. Pädagogin Sophie Nilles erwartet mich bereits. Dass ich mit ihr über Finanzbildung sprechen will, fände sie wichtig. Im Regelfall lernen Kinder den sicheren Umgang mit Geld zuhause, die Schule käme dieser Aufgabe nur ungenügend nach, sagt sie. Ein heikles Thema.
Freilich dürfe man das Beheben aller gesellschaftlichen Schwachstellen nicht nur auf das Bildungssystem abwälzen: „Aber Schule kann ein unterstützender Faktor sein.“ Vorausgesetzt, die Ressourcen stimmen.

In einem leeren Klassenzimmer sitzt die Pädagogin Sophie Nilles an einem der Tische

Pädagogin Sophie Nilles in einem provisorischen Klassenzimmer: “Nachdem immer mehr Kinder unsere Schule besuchen, müssen wir zwischenzeitlich auf Container ausweichen.”

Die Krux: Ob es Finanzbildung in die Schule schafft, hänge derzeit von der Ambition einzelner Lehrerinnen und Lehrer ab. Sophie Nilles kenne nicht einmal ein fächerübergreifendes Arbeitsbuch, um nachzuschlagen: „Was schade ist“, meint sie. „Gerade der Umgang mit Geld sollte verankert werden, wie die Weltreligionen oder die vier Jahreszeiten.“ Allerdings nicht als eigenes Fach, sondern blockweise.

Gerade Familien sind durch die Inflation besonders stark belastet. Die Anzahl an Kindern, die ganztags betreut werden, steigt dadurch konstant. Diese fehlende Aufmerksamkeit spiegle sich teilweise im auffälligen Verhalten einiger Kinder wider: „Beide Elternteile arbeiten viel, Reichere leisten sich eine Nanny, oft kommt das Tablet als Beschäftigung zum Einsatz – um das auszugleichen bräuchte es oftmals eine 1:1-Betreung“, sagt die Pädagogin. „Eine Lehrerin alleine kann das aber nicht leisten“. Wenig Arbeit, lange Ferien: Lehrenden schlagen viele Vorurteile entgegen. „Befindlichkeiten und Meinungen gibt es immer wieder – keiner weiß, wie es wirklich ist.“

Auf den Gängen der Schule trifft Sophie Nilles eine Kollegin. Was wir gerade machen, fragt diese im Vorbeigehen. Als wir ihr erklären, dass es um Finanzbildung gehe, beginnt besagte Kollegin eifrig zu nicken. „Super!“ meint sie. „Über die wirklich wichtigen Dinge lernt man nie was – so wie über Beziehungen oder das Leben allgemein.“

Sophie Nilles ist auch eine jener Pädagoginnen, die jährlich an der „Woch vun de Suen“ (Woche des Geldes) teilnehmen. Einer Initiative, die von der Luxemburgischen Bankenvereinigung (ABBL) ins Leben gerufen wurde. PR-Gag oder vielversprechende Chance – die Frage, was kann ein Programm ausrichten kann, gehört zu meinem morgigen Tagwerk.

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