Wo die Kleinsten Großes lernen
Was bei uns Kindergarten heißt, ist in Belgien die “ecole maternelle”. Und trägt mit dem Wort “ecole” die Schule schon im Namen. Tatsächlich scheinen es die Belgier:innen mit der Bildung früher ernster zu halten als wir in Österreich. Spielerisches Lernen steht bei Madame Patricia an diesem Vormittag in der katholischen Schule auf dem Programm. Sie betreut - pardon - unterrichtet Kinder, die gerade erst einmal zwei bis höchstens drei Jahre alt sind. Die kleinen Stöpsel haben schon die “creche” hinter sich und lernen in der “ecole maternelle” nicht nur andere Kinder kennen und Lieder singen, sie können schon Stifte richtig halten, alleine aufs klasseneigene Klo gehen, sich ihre Jacken anziehen und werden bald in der Lage sein, ihre Vornamen zu schreiben. “Die Kinder werden schnell selbstständig”, fasst es Madame Patricia bei meinem Besuch in ihrer Klasse zusammen und lobt Noah (3) für die richtige Antwort. Er hat sagen können, welches Monat wir haben. Jeden Tag bis mindestens 15.30 Uhr dauert die “ecole maternelle”.
Während sich in Belgien laut Eurostat-Daten knapp über die Hälfte der unter dreijährigen Kinder in Betreuung befinden, sind es in Österreich unter 30 Prozent. Bei den drei- bis sechsjährigen Kindern liegt die Betreuungsquote zwar in beiden Ländern über 90 Prozent, aber auch hier hat Belgien die Nase wieder vorne. Vonseiten der EU ist zu hören, dass Kinderbetreuung und speziell frühkindliche Bildung (auch frühe Bildung) eine wichtige Rolle spiele und man sie in den Mitgliedsstaaten forcieren wolle. Warum? Weil das für Chancengleichheit sorgen kann. Und es Müttern die Möglichkeit gibt, wieder schneller zu arbeiten. Doch man kämpft mit einem großen Problem: Frühe Bildung hat ihren Preis und meist haben Familien, die finanziell besser aufgestellt sind, leichteren Zugang. Was will und kann die EU dagegen tun? Was müsste sich Österreich noch von Belgien abschauen? Und bräuchte es verpflichtende frühe Bildung für alle? Es soll nicht die einzige Schule bleiben, die ich hier in Belgien besuche, ich möchte noch mehr Eindrücke sammeln und mit der einen oder anderen Expertin darüber sprechen.
Madame Patricia mit ihren Schützlingen
