Skopje für Anfänger: Über Ethnien, eine Namensänderung und SIM-Karten.
Passkontrolle am Flughafen Wien, Passkontrolle nach Ankunft in Skopje, der Kauf einer SIM-Karte und das Abheben von Denar: So eine Reise außerhalb der EU respektive der Eurozone bringt Umstände mit sich, die vielen Europäerinnen und Europäern längst nicht mehr bewusst sind.
Um meinen ersten Termin zeitgerecht zu erreichen, bot sich eine Taxifahrt ins Stadtzentrum an. Die Busse vom Flughafen sind zwar billig, fahren dafür aber auch fast nie. Der Taxifahrer wiederum hatte es eilig. Links, rechts, beschleunigen und bremsen. Im Sekundentakt hielt er mich und den Verkehr auf Trapp. Vorbei an öden, kargen Landschaften und an Vororten Skopjes rasten wir ohne Klimaanlage, mit offenen Fenstern und zeitweise 130km/h Richtung Innenstadt. Unterlegt mit heftigen Kraftausdrücken und ständigem Hupen.
Hupen lerne man in der Fahrschule, meint Blazhen Maleski, mein erster Gesprächspartner. Maleski ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im United Nations Development Programme (UNDP) Nordmazedoniens. Wenige Stunden vor seiner Urlaubsreise nach Griechenland nimmt er sich Zeit für einen Crashkurs in Sachen Skopje, Politik, Jugendarbeit und Fußball. Als er zum wiederholten Male zwischen “Mazedonien” und “Nordmazedonien” wechselt, spreche ich ihn darauf an. “Ich war pro Namenswechsel, ich bin pro EU und pro NATO." Aber gegen Krieg, das war ihm sehr wichtig zu betonen. Doch auch als jungem Menschen fällt es ihm schwer, den neuen Namen seines Heimatlandes restlos in den Sprachgebrauch zu übernehmen. “Das brauche Zeit”, meint Maleski. Nachbar Griechenland war es übrigens auch, auf dessen massiven Druck das mazedonische Parlament die Namensänderung beschloss, die seit 12. Februar 2019 in Kraft ist. Grund waren historische Ansprüche der Griechen auf den Namen Mazedonien.
Ethnische Mazedonier und Albaner
Mit Griechenland sehe er keine Probleme. Ethnische Konflikte gebe es vor allem innerhalb der Landesgrenzen zwischen den ethnischen Mazedoniern, die mit rund 65 Prozent die klare Mehrheit des Landes ausmachen, sowie der albanischen Minderheit (ca. 25 Prozent Bevölkerungsanteil). Die weiteren 10 Prozent seien den Ethnien der Türken, Roma, Serben und Bosniern zuzurechnen. “Richtig krass war der Nationalismus in den 1990er-Jahren, aber die Leute sind müde davon geworden. Wir wollen uns Richtung Europäische Union entwickeln und wir wollen ein besseres Leben”, so Maleski.
Im männlichen Fußballnationalteam Normazedoniens mischen sich ethnische Albaner und Mazedonier in einem ausgewogenen Verhältnis. Auch auf den Fußballplätzen rund um das Nationalstadion “Toše-Proeski-Arena” tummeln sich Kinder etlicher Nationen. Über das verlängerte Wochenende findet ein großes, internationales Jugendturnier statt. Jetmir ist selbst Schiedsrichter und für die Organisation und Besetzung der Spiele durch seine Kollegen zuständig. Er ist aus Shkodra (Albanien) angereist und organisiert dort auch eigene Turniere. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Journalisten Antonio aus Apulien, sammeln sie auch Videomaterial zur Bewerbung eigener Veranstaltungen.
Maleski kritisiert, dass die heimische Politik erst vor wenigen Jahren auf die Idee gekommen sei, Jugendarbeit finanziell zu fördern. Soziale Projekte und Inklusion sind nach wie vor kaum sichtbar. Der nordmazedonische Fußballverband sieht das anders, wie mir Irena Miloshevska demnächst erzählen wird.
Ich versuche einstweilen zu begreifen, warum mir mein Smartphone – trotz nordmazedonischer SIM-Karte – zeitweise Warnungen nach Benützen des Handynetzes zukommen lässt. Spätestens die Abrechnung wird es mir begreifbar machen.