Tag 3 in der Slowakei
400 Schafe, 7 Hunde, ein Schäfer und Bärenspuren. Zu Besuch auf einer slowakischen Alm.
Ich durfte heute mit dem fantastischen Biologen Slavomír Finďo von der Staatlichen Naturschutzbehörde der Slowakischen Republik (Štátna Ochrana Prírody Slovenskej Republiky) sprechen. Weil große Beutegreifer (Bär, Wolf, Luchs) politisch so ein heißes Thema sind in der Slowakei, gibt’s den Text zum Interview noch nicht.
So viel schon mal dazu:
Herr Find’o hat viel erklärt über die Geschichte der Forschung zu großen Beutegreifern in der Slowakei und auch wie die Zusammenarbeit mit den Bauern in der Praxis funktioniert (hat).
Das kann ich an dieser Stelle anteasern: Slavomír Finďo ist verantwortlich für “Telemetrie” von großen Beutegreifern in der Slowakei. Frei übersetzt sind das Messungen/Ortungen von großen Beutegreifern mit Geräten, die Signale senden oder empfangen. Hier spielt nun auch der Kommunismus eine Rolle: Bis zu dessen Zusammenbruch gab es für die Telemetrie keine Forschungsgeräte, d.h. es gab keine Forschung.
Jedenfalls begann Find’o ab 1991 zu forschen, und erkannte, dass die slowakischen Schaf-Bauern nicht mehr wussten, wie man mit Herdenschutzhunden umgeht. Er startete ein Forschungsprojekt, im Zuge dessen den Bauern Herdenschutzhunde zur Verfügung gestellt wurden. Die mussten sie dann nach wissenschaftlichen Vorgaben erziehen, geschah das erfolgreich, bekamen sie im zweiten Jahr des Projekts einen zweiten Hund, um selbst weitere zu züchten.
Ausführlich werde ich das Interview in einem anderen Text verarbeiten.
Ich durfte dann heute auch Schaf-Bauern und einen echten Hirten bei der Arbeit besuchen. Am Bauernhof bei Banská Bystrica werden 400 Schafe gehalten und es gibt neun erwachsene Herdenschutzhunde und kleinere Hütehunde zur Unterstützung. Und der Nachwuchs wird auch selbst gezüchtet. Die Hunde, ich konnte sie nicht alle zählen - es waren mit Welpen um die 20, fressen jeden Tag 20 Kilogramm Hundefutter.
Es war sehr beeindruckend dabei zu sein, als die Schafe wieder zurück zum Hof getrieben wurden (Nein, sie grasen eh nicht im Wald). Ich kannte diese Szene davor nur aus Texten, das Zusammenspiel von Hirte, Herdenschutzhunden und Hirtenhunden funktioniert ohne Worte und Anweisungen. Die großen weißen Hunde positionieren sich immer am Rand der Gruppe, die kleineren Hirtenhunde treiben die Tiere bei Bedarf.
Essenziell für das “Funktionieren” der Herdenschutzhunde ist, dass am Anfang ihres Lebens auf die Schafe geprägt wurden. Dann sehen sie, sie als Familie und beschützen sie.
Die Hunde sind höchst selbstständig, das bestätigen auch meine Begleiter. Sie wissen was zu tun ist, rufen oder zurückpfeifen kann sie der Hirte nicht. Aber, das hat Herr Find’o erklärt, diese Hunderasse hat in Vergleich zu anderen keinen Jagdtrieb - das heißt, es ist bei richtigem Umgang und Erziehung höchst unwahrscheinlich, dass irgendjemand angegriffen wird. Ob die Hunde ihr Metier richtig erlernen können, hängt aber vom Besitzer ab.
Laut meinen Begleitern hat das Hirtentum mit Herdenschutzhunden in der Slowakei eine lange Tradition. Um 1500 soll die Praxis aus dem Süden, aus Rumänien, adaptiert worden sein.
Überprüfen konnte ich das noch nicht, aber scheinbar sind die traditionellen slowakischen Herdenschutzhunde Čuvač weiß gezüchtet, um sie optisch vom Wolf abgrenzen zu können. Die Hunde so groß, wie ein Schaf.
Begegnet man ihnen, dann sollte man ein paar Dinge beachten - das sind, so nennt man es in der Schweiz, “Arbeitshunde”, keine Haustiere. Hände unten halten, keine schnellen Bewegungen, in der Regeln bellen sie nur. Aber auch meine Interview-Partner heute haben betont, dass Tourist:innen die Tiere wirklich in Ruhe lassen sollten (gilt wahrscheinlich für jedes Land).
Gesehen haben wir auf kurzen Weg auch Bären-Spuren. Dazu auch mehr in einem anderen Text, aber Bären sind wirklich ein großes Thema. Die Bären kommen in die Dörfer und vergreifen sich an Müll oder auch Obstbäumen - hier gibt’s wirklich Angst. Berechtigt, wie meine Begleiterin sagt.
Zum Abschluss ging’s dann wieder auf den Hof, dort warteten die Welpen.