5.8. “Die EU ist die logische Konsequenz”

EU-Flaggen wehen von Gebäuden

Heute ging es um den europäischen Gedanken. In einem kleinen Büro, im ersten Stock eines recht unscheinbaren Gebäudes hinter der Rechtsfakultät habe ich mit Gledis Gjipali, dem Executive Director der Albanischen Europa-Bewegung gesprochen. Er will die Menschen darüber informieren, was ein EU-Beitritt mit allen Konsequenzen bedeutet. Die Zustimmung der Bevölkerung zur EU sei im Land zwar hoch, wenige könnten sich aber vorstellen, was es heißt, EU-Mitglied zu sein. “Viele stellen sich vor, das sei die Lösung aller Probleme, das ist es aber nicht”, erklärte er mir.

Und die Probleme liegen für ihn auch auf der Hand: Abgesehen von der gestern schon angesprochenen immer noch hohen Korruption im Land, gehe es etwa auch darum, dass ein beträchtlicher Anteil der albanischen Bevölkerung im Ausland arbeite und lebe. Der Braindrain wirke sich vor allem negativ auf das Gesundheitssystem aus. Dazu komme, dass das Demokratieverständnis der Bevölkerung immer noch im Aufbau sei, Albanien sei nun einmal eine junge Demokratie.

Im darauffolgenden Gespräch mit der Journalistin Jona Plumbi hat sich dann auch herauskristallisiert, dass dadurch Albaniens größter Nachteil ironischerweise in gewisser Weise zu einem Vorteil wird. Viele Emigrant:innen aus Albanien, die in EU-Ländern arbeiten, vermitteln ihren Familien zuhause wiederum das Demokratieverständnis der Länder, in denen sie leben. Das ändert natürlich nichts daran, dass ihre Arbeitskraft in Albanien fehlt.

Insgesamt ist die EU hier aber sehr präsent. EU-Fahnen wehen von Gebäuden, viele Unternehmen und Organisationen aus EU-Ländern - vor allem auch Banken und Versicherungen - prägen das Stadtbild. “Wir sehen uns als ein Teil von Europa”, meinte Gledis Gjipail, die EU sei für Albanien daher eine logische Konsequenz. Der Weg dorthin bedürfe noch einiger Aufgaben, mittelfristig - in den nächsten fünf bis sechs Jahren sei das Land für den Beitritt aber bereit.

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4.8.: Ein Land im Urlaub