Ankommen in Zypern: Eine gespaltene Insel als Teil der Europäischen Union
“Wir wünschen Ihnen einen schönen Urlaub”, tönt es aus den Lautsprechern der Austrian Airlines im Anflug nach Larnaka. Sommer, Sonne, Meer: Gute Gründe für viele Mitreisende ein paar Tage Urlaub auf der mediterranen Insel Zypern zu verbringen. Nicht jedoch für mich, denn ich habe im Rahmen von eurotours2024 anderes vor. Ich möchte herausfinden, was die Menschen dies- und jenseits der Grenzen bewegt und ob der Sport in diesem Inselkonflikt eine Rolle spielt.
Mit Shuttlebus und Taxi geht es in die Hauptstadt Nikosia. Und das alles auf der linken Fahrbahn, weil Autofahrer:innen in Zypern rechts sitzen. Der Grund liegt in der Vergangenheit, denn von 1878 bis 1960 herrschte das Vereinigte Königreich in Zypern. Zwei Militärbasen sind Zeugen davon, dass die Briten nach wie vor sehr präsent im Levantinischen Meer sind – auch mehrere tausend Militärangehörige leben ständig vor Ort.
In Nikosia selbst herrscht kein reges Treiben. Die Meinungen der Einheimischen dazu sind unterschiedlich: Vom Ende der Hauptsaison über mangelnde Attraktivität der Stadt für Tourist:innen oder die geringe Anzahl an eigenen Einwohner:innen reichen die Erklärungen. Tatsächlich leben nur rund 120.000 Menschen in der letzten geteilten Hauptstadt Europas, etwa gleich viele im international nicht anerkannten De-facto-Regime “Türkische Republik Nordzypern” wie auch in der südlichen “Republik Zypern”. Insgesamt wohnen etwas über 1 Mio. Menschen auf der Insel, davon rund 75 Prozent im südlichen Teil. So kommt es auch, dass sich die – auch gegen Ende der Sommersaison – zahlreich vorhandenen Tourist:innen auf der Insel verteilen, mit Vorlieben für die Städte am Meer und da sieht Nikosia alt aus im Vergleich zu Paphos, Limassol und Larnaka im Süden oder Famagusta und Kyrenia im Norden.
Nach einer kurzen Nacht und einem ersten Interview (dazu in den kommenden Tagen mehr) führt mich mein Weg – begleitet von meinem Tourguide Christina – entlang der Pufferzone, oder auch Grünen Linien genannt. Alle paar Meter sind sie zu sehen: Mauern, Zäune, Wände, Regentonnen, Fässer und Stacheldraht. Die Grenze ist dicht. Außer für Tiere und die Natur, die haben es sich in den letzten 50 Jahren seit der Teilung der Insel nicht nehmen lassen, Anspruch auf diesen Bereich zu erheben.
Mehrere Checkpoints, die das Überqueren der Menschen möglich machen, gibt es auch. Kontrollen durch griechisch-zypriotische sowie türkisch-zypriotische Grenzposten sind Teil der Übung. Dazwischen wachen die Friedenstruppen der Vereinten Nationen, die United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP). Kurz vor dem Beitritt Zyperns zur EU im Jahr 2004 wurden die Grenzübergänge geöffnet, sodass Menschen beider Inselteile wieder auf die andere Seite durften.
Zypern und die Europäische Union, das ist ein eigenes Kapitel. Nicht nur, weil zwar die gesamte Insel Zypern zur EU gehört, obwohl der Norden illegal annektiert ist und somit de facto kein Unionsrecht ausgeübt wird, sondern auch weil die Einwohner:innen der Insel eine ganz besondere Beziehung zum 3.000 Kilometer entfernten Brüssel pflegen. Und das nicht nur, weil seit Jahren keine Direktflüge mehr dorthin fliegen.