Ein Stück Lateinamerika
Ein ereignisreicher Tag in Melilla geht zu Ende. Heute gehe ich mit einem etwas unguten Gefühl ins Bett, mit vielen Gedanken im Kopf, die ich für mich erstmal ordnen und verarbeiten muss.
Die Migrationssituation in Melilla wirkt chaotisch und wirft viele Fragen auf. Das heutige Interview mit der NGO “Solidary Wheels” konnte mir etwas mehr Klarheit bringen. Seit 2020 agiert die NGO, bestehend aus freiwilligen Helfer*innen, in Melilla. Sie stehen den geflüchteten Menschen bei rechtlichen Fragen zur Seite, geben psychologische und medizinische Unterstützung und berichten von etlichen Menschenrechtsverletzungen an der marokkanisch-spanischen Grenze.
Erst letzten Sonntag wurde ein Migrant*innenboot von einem spanischen Patrouillenboot der Guardia Civil überfahren, um es abzufangen. Wie viele Menschen genau an Bord waren, ob auch Minderjährige dabei waren, wohin diese Menschen gebracht wurden und was mit ihnen letzendlich passiert ist, ist bis heute unklar. Klar ist, dass Beamte der Zivilgarde nach dem Ereignis auf Besucher*innen am Strand zukamen, um sie zu drängen, alle Videos und Bilder zu löschen.
Solidary Wheels fordert nun eine Untersuchung dieses Ereignisses auf eine mögliche illegale Abschiebung vonseiten der spanischen Grenzpolizei. Das würde nämlich - mal wieder - eine Verletzung der Menschenrechte bedeuten, erzählt mir eine Mitarbeiterin.
Nach dem Interview machte ich mich auf dem Weg zum CETI, ein Auffanglager für den vorübergehenden Aufenthalt von Einwander*innen. Das CETI liegt fernab von der Innenstadt Melillas, weit entfernt von dem alltäglichen Leben der Einheimischen.
Am Straßenrand unter den Büschen fand ich Matratzen oder Zelte vor. Es scheint so, als würden dort Menschen leben.
Journalist*innen sind strikt verboten im CETI. Also machte ich mich einfach auf den Weg und hoffte ein paar Menschen in der Nähe des Auffanglagers zu finden. Und ich war erfolgreich.
Zwei mal die Woche treffen sich ein paar lateinamerikanische CETI-Bewohner*innen am Straßenrand, nur ein paar Meter entfernt vom CETI. Sie kochen ein typisch lateinamerikanisches Gericht und verbringen Zeit miteinander. Sie waren unglaublich gastfreundlich, herzlich und gesprächig. Ein Migrant erzählte während dem Essen wie er von Kolumbien nach Melilla gekommen ist und welche Wünsche und Träume dahinter stecken.