„Wien als Vorbild bei leistbarem Wohnen”
In einem Interview gibt Botschafterin Melitta Schubert Einblick in die irischen Beziehungen mit Österreich.
Wie schauen aktuell die Beziehungen zwischen Österreich und Irland aus?
Sie sind ausgezeichnet! Dadurch, dass beide Länder Mitglied der EU sind, treffen sich die Regierungschefs bzw. MinisterInnen einander regelmäßig in Brüssel bzw. Luxemburg. Auch auf Expertenebene in Wien und Dublin ist man im ständigen Austausch. 2026 hat Irland den EU-Vorsitz, da wird es sicher öfters Besuche in Dublin geben. Außerdem ist Irland wie Österreich ein militärisch neutrales Land. Es gibt allerdings hier keine rechtliche Verankerung der Neutralität. Ein NATO-Beitritt ist für beide Länder derzeit kein Thema.
Worin unterscheiden wir uns von den IrInnen?
Wir sind zwar beide neutral, aber Österreich ist von der Verteidigungskapazität her ganz anders aufgestellt als Irland. Österreich hat eine Tradition höherer Ausgaben für Verteidigung. Unser Anteil am BIP liegt mittlerweile bei knapp über einem Prozent. Irland hat z. B. nur wenige Soldaten, die die Grenzen verteidigen können. Die Flugabwehr übernimmt das Vereinigte Königreich.
Auch zum aktuellen Nahostkonflikt hat Österreich eine differenziertere Sicht als Irland. Während wir unter Einhaltung des humanitären Völkerrechts das Selbstverteidigungsrecht Israels nach dem grauenvollen Angriff der Terrororganisation Hamas unterstreichen, spürt man hier, dass die Solidarität mit dem palästinensischen Volk im Vordergrund steht. Die Sicherheit der Jüdinnen und Juden, aber auch die Sicherheit Israels sind für uns wichtige Faktoren. Irland und Österreich teilen jedoch grundlegende Ziele, darunter ein Waffenstillstand in Gaza und langfristig die Zweistaatenlösung.
Sehen Sie Potenzial für intensivere Zusammenarbeit der beiden Länder?
Wirtschaftlich sind wir in Irland mit rund 30 österreichischen Firmen in verschiedenen Branchen gut vertreten, aber es gibt sicher noch viele Möglichkeiten unsere Expertise einzubringen. Ein wichtiges Thema vor allem in Dublin ist der Mangel an leistbarem Wohnraum. Hier ist Wien ein großes Vorbild. Der Bürgermeister von Limerick, den ich kürzlich getroffen habe, war zum Beispiel sehr interessiert am Gemeindebau in Wien. Da helfe ich gerne, Kontakte herzustellen. Und kulturell habe ich mir zum Ziel gesetzt, noch mehr Präsenz mit österreichischen Künstlerinnen und Künstler zu zeigen.
Können wir etwas von den IrInnen lernen?
Durchaus! Wir können uns sicherlich an der Freundlichkeit und generellen Hilfsbereitschaft der Irinnen und Iren ein Vorbild nehmen. Wenn man hier etwa in einen Bus einsteigt, grüßt man selbstverständlich die Fahrerin bzw. den Fahrer und bedankt sich beim Aussteigen. Natürlich gibt es Ähnlichkeiten: Die Irinnen und Iren haben ihr Pub, wir unsere Heurigen. Das bringt eine gewisse Lockerheit und Gemütlichkeit mit sich, die uns verbindet.