Ćao Montenegro!
In den vier Tagen in Podgorica hat mich vor allem eines verblüfft: Bislang wurde ich noch in keiner Landeshauptstadt so oft gefragt, weshalb ich eigentlich hier sei - und nicht an einem anderen Ort des Landes. Den größten Teil der Tourist*innen zieht es an kleinere Orte entlang der knapp 300 Kilometer langen Küste. Aber auch die Menschen die hier leben scheinen nicht all zu begeistert zu sein. "Montenegro ist ein wunderschönes Land, man muss nach Budva, nach Kotor, nach Herceg Novi" - ein Satz den ich zigmal gehört habe. Von der Landeshauptstadt schwärmt aber keiner.
Wohl auch weil die Stadt - in etwa so groß wie Linz - während des Zweiten Weltkrieges fast gänzlich zerstört wurde. Das Stadtbild von "Titograd", wie Podgorica von 1946 bis 1992 zu Ehren des jugoslawischen Ministerpräsidenten Josip Broz Tito hieß, prägen Plattenbauten, die sich an verglaste Appartementhäuser reihen, von denen seit der Unabhängigkeit 2006 viele erbaut wurden.
Erinnert wurde ich durch zwei krankheitsbedingt abgesagte Interviewtermine auch daran, dass die Covid-Pandemie noch nicht ganz vorbei zu sein scheint.
Das Land befindet sich seit gut drei Jahren im Umbruch. Die Parlamentswahl im Sommer dieses Jahres war ein weiterer Schritt weg von der knapp dreißig Jahre regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS). Die neuen politischen Kräfte an den Schalthebeln des Landes haben sich das Versprechen, das Land in die EU zu führen, nicht nur auf die Fahne geheftet sondern gleich zum Parteinamen gemacht: “Europa, jetzt”. In vielen Gesprächen wurde mir das Bild vermittelt, dass die Menschen Montenegros auch nach Jahren der schleppenden Verhandlungen noch an die "Europäische Perspektive" glauben, und die Hoffnung haben, irgendwann Teil der EU zu sein. Ob die Partei die derzeit President und bald auch Premier stellt, ihr Wahlversprechen halten kann, wird sich zeigen.
Für mich gilt es nun die Erkenntnisse meiner Recherche zu verarbeiten. Ebenso werde ich aber auch den Worten der Montenegriner*innen folgen, und die "schönen Seiten" Montenegros - etwa die mittelalterliche Altstadt Budvas - kennenlernen.