Start-Up-Schmiede Estland: Wenn Start-Up auf Bildung trifft

Durchgang in einen Innenhof

Mit über 11.000 Start-Ups hat Estland die höchste Anzahl von Start-Ups pro Kopf in der EU – Zudem hat kein anderes Land in Europa auf Einwohner gerechnet, so eine hohe Unicorn-Dichte, also Jungunternehmen mit Milliardenbewertung. Rund 80 dieser Start-Ups sind Edtechs. Hier arbeiten ForscherInnen, JungunternehmerInnen, LehrerInnen und SchülerInnen an neuen digitalen Bildungslösungen. Was das dem Schulsystem bringt und wie leicht man in Estland ein Startup gründen kann - Darüber habe ich mit Sabina Sägi von Edtech-Estonia, dem Dachverband für Bildungstechnologien und mit dem Edtech-Gründer und Investor Oleg Shaikovsky gesprochen.

Ich treffe Sabina Sägi im Telliskivi Creative Hub in Tallinn. In den alten Fabrikgebäuden treffen Start-Ups, Design, Musik, Kunst und Weltoffenheit aufeinander. Die alten Backsteingebäude sind mit Graffitis besprüht, viele junge Menschen sind unterwegs. Sabina ist Project Managerin bei Edtech Estonia, und wie sie sagt dafür zuständig das alles läuft und die Edtechs auch untereinander kooperieren. Ihr Deutsch ist einwandfrei. Sie hat in Deutschland studiert, bereits als Kind hat sie immer mal wieder deutsche Fernsehserien angeschaut.

Zu Ed-Tech Estonia gehören ganz unterschiedliche Edtechs, erklärt Sägi. Vom Virtual-Reality über Online-Management-Systeme bis zu Mint-Apps ist alles dabei. 2002 wird das erste Online-Management-Tool für Schulen gegründet, in Österreich zu dieser Zeit undenkbar. Heute ist Schule in Estland rundum digital, jede Schule hat digitale Technologien, entscheidet aber selbst, was sie braucht und verwenden will. Es geht darum, wie man Kindern das beste Angebot zur persönlichen Entfaltung bieten kann und Schulen rundum digital unterstützen kann. So wächst die Edtechszene und digitale Bildung ist seit Jahren Alltag.

“Wir kennen es in Estland nicht anders. Wir sind damit aufgewachsen, dass alles möglich ist, wenn man in Innovation glaubt und investiert” - Sabine Sägi

Sabine Sägi spricht über digitale Technologien

In Estland muss man niemanden erklären das “digital sein” gut ist, sagt Sägi. Und schon gar niemand hat vor Digitalisierung Angst, so die Estin. Die Regierung stehe seit den 90ern hinter der Digitalisierung. Mit wenig Geld und viel Optimismus ist dieser Bildungsumschwung, aber auch die digitale Start-Up-Szene massiv gewachsen - und Estland zum Digitalisierungs- und Pisa- Vorreiter geworden, erklärt sie.

In 20 Minuten zum eigenen Start-Up

Schwierig ist es zudem nicht ein Start-Up zu gründen, so Sägi. Innerhalb von 20 Minuten soll das ganze gehen, erklärt mir später an diesem Tag auch Oleg Shaikovsky. Er investiert in unterschiedliche Edtechs, hat zudem teilweise selbst solche gegründet und ist Lehrer an einer Schule. Shaikovsky ist davon überzeugt, dass Technologie überall im Alltag, aber vor allem in der Schule heute unumgänglich ist. Vom Einbinden der SchülerInnen, übers Analysieren bis zum Managen - ohne digitale Tools wäre vieles nicht möglich, sagt er.

Oleg Shaikovsky spricht über Start-Ups

Außerdem erklärt er mir noch einen Vorteil bei der Startup-Gründung, wie auch im Bildungssystem: Dem baltischen Staat sei es extrem wichtig, alle ExpertInnen in der Entscheidungsfindung, beispielsweise bei der Planung einer neuen Förderung, zu Wort kommen zu lassen. So wird von Beginn an sichergestellt, dass Experten aus allen Bereichen und somit alle Blickwinkel, von Technologie bis Pädagogik eingebunden werden.

Zwar sei Estland ein kleines Land und somit stehe auch nur ein kleiner Markt den Start-Ups zur Verfügung, aber dennoch sei es perfekt zur Einführung und zum Austesten neuer Technologien. Viele der Start-Ups und Edtechs testen laut Shaikovsky ihre Ideen in Estland und exportieren dann ins Ausland.

In den letzten zehn Jahren hat sich am Start-Up-Markt und vor allem auch in der Edtech-Szene in Estland viel getan, erklären mir an diesem Tag alle Parteien. Und alle sind sich sicher: In den nächsten Jahren kommt da noch viel, viel mehr!

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