Sollten wir von Slowenien lernen? Ja – aber es ist kompliziert
Müssen wir alle ein bisschen mehr sein wie Slowenien?
Diese simple Frage war der Ausgangspunkt meiner Recherche. Dass die Menschheit ohne Bienen ein großes Problem hätte, dürfte spätestens in der Debatte rund um das 2013 (natürlich von Slowenien durchgesetzte) EU-Verbot der bienenschädlichen Pestizidklasse der Neonicotinoide überall angekommen sein. Keine Bestäubung, keine Nahrung, kein Leben. Und wenn wir uns mehr um die Bienen scheren sollten, warum dann nicht von dem Staat lernen, der auf der Weltbühne quasi ihr Anwalt ist? Warum nicht in dem Land nachsehen, in dem Imkerinnen und Imker als für Wahlergebnisse relevante Gruppe, mit denen es sich keine Partei verscherzen will, gelten?
Nach vier Recherchetagen in Slowenien fasse ich zusammen: Ja, dort wird sehr viel richtig gemacht. Bienenliebhaber gibt es vielerorts; in Österreich fände man genauso wie in vielen anderen Ländern gleichermaßen begeisterte Imkerinnen und Imker. Aber dass die Insekten Teil des Nationalstolzes sind, das hat eine eigene Qualität. Wie Sloweninnen und Slowenen über Bienen denken, davon kann die ganze Welt lernen.
Sollen wir es also wie unsere südlichen Nachbarn machen und einfach ein paar mehr Bienenstöcke in unsere Gärten stellen?
Nicht unbedingt. Die Realität ist wie so oft ein bisschen komplizierter als man anfangs denkt, und darauf aufmerksam gemacht hat mich Andreja Stankovic glücklicherweise schon ganz am Anfang meiner Recherche. Bei aller Liebe zu den domestizierten Honigbienen darf die Menschheit nämlich nicht auf die Wildbienen vergessen. Die produzieren zwar keinen köstlichen Honig, der am Ende auf unseren Butterbroten landet, sind aber auch wichtige Bestäuber – und können von den gezüchteten Honigbienen verdrängt werden. Wildbienen werden nicht von ihren Imkerinnen und Imkern mit Zucker über den Winter gebracht; wenn sie in der Natur nicht genug Nahrung finden, verschwinden sie.
Wer meine drei bisherigen Blogposts verfolgt hat, dem wird schon dämmern, welches Land etwas Sinnvolles gegen das Wildbienensterben tut: Slowenien. Imkerinnen haben mir berichtet, dass in den Wäldern sogenannte Bienenhotels aufgestellt werden. Außerdem dürfen Wiesen in geschützten Natura 2000-Gebieten, die immerhin 37% der Staatsfläche ausmachen, bis Juli nicht gemäht werden. Das sorgt dafür, dass die Wildbienen die große Blütezeit der meisten wildwachsenden Pflanzen voll auskosten können. Also bitte: Wir können doch etwas von Slowenien lernen. Das muss aber nicht heißen, dass wir alle einen Bienenstock im Garten brauchen.
Was die Leiterin der nationalen Imkerakademie zu dem Thema sagt und viele, viele weitere Aspekte meiner Recherche könnt ihr übrigens am 20. Oktober im RONDO lesen.