„Wir fühlen uns, als würden wir feststecken“

Als Nordmazedonien 2004 die EU-Mitgliedschaft beantragte, war Rita Behadini im Volksschulalter. Heute ist sie 27 und ihr Heimatland ist bis heute nicht in der EU (mehr dazu in meinem vorherigen Blogeintrag). Trotzdem habe diese ihr Leben maßgeblich geprägt, erzählt sie mir in einem traditionellen Lokal am Alten Bazar in Skopje.

Sie habe ein Erasmus-Semester gemacht, sei Mitglied des EU-finanzierten Netzwerkes „Young European Ambassadors“ (YEA) und habe eine Organisation mitgegründet, deren meiste Projekte ebenfalls von der EU unterstützt würden: „Wer ich heute bin, hängt unmittelbar mit alldem zusammen.“ Früher habe sie sehr konservative Werte geteilt, so sei sie in Tetovo, einem Dorf nahe der Grenze zum Kosovo, eben aufgewachsen.

Irgendwann sei ihr schmerzlich bewusst geworden, dass ihr als Frau gewisse Möglichkeiten verwehrt würden, die für Männer kein Problem zu sein schienen.

Aktivistin Rita Behadini

“Viele dachten, ein Mann würde mich zum Schweigen bringen”

„Von einer Frau wird hier nach wie vor erwartet, dass sie heiratet und Kinder bekommt. Sie kann auch einen Abschluss machen - aber nur, damit sie einen hat. Ich war laut und viele Leute dachten, dass irgendwann schon ein Mann in mein Leben kommen und mich zum Schweigen bringen würde. Als dann tatsächlich ein Mann in mein Leben gekommen ist und ich nicht aufgehört habe, meinten sie: ‚Verdammt, das ist ernst!‘“, sagt die Aktivistin und lacht.

Behadini setzt sich vor allem für Frauen- und LGBTQ-Rechte ein, etwa in Form ihrer Plattform „Mollëkuqja“ (auf Englisch „Ladybug“). Zusammen mit ihren Kolleg:innen behandelt sie dort Themen wie Gewalt gegen Frauen, reproduktive Rechte und den Gender Pay Gap. Dafür wird sie auch angefeindet: „Ich bekomme regelmäßig Hassnachrichten, zum Teil auch Todesdrohungen.“ Auch das hat sie nicht gestoppt.

“Es gibt so viel zu tun”

Ihre Arbeit sei auch ein Grund dafür, warum sie Nordmazedonien erstmal nicht langfristig verlassen und in Länder wie Deutschland oder Österreich ziehen will, wie viele ihrer Freunde und Bekannten es planen oder bereits getan haben, sagt Behadini: „Hier werde ich mehr gebraucht als dort, es gibt so viel zu tun.“

Bezüglich des EU-Beitrittsprozesses hat sie den Eindruck, dass einige Menschen im Land bereits die Hoffnung verloren haben: „Viele sind enttäuscht und glauben nach allem, was wir bereits getan haben: ‚Was immer wir auch tun, es wird nie genug für die EU sein.‘“ Gerade sehe man, wie Albanien sich vorwärtsbewege - „und wir fühlen uns, als würden wir feststecken.“

Über das bulgarische Veto solle ich lieber mit ihrem YEA-Kollegen Ivan sprechen, denn als ethnische Albanerin sei das Thema für sie weniger emotional als für slawische Mazedonier wie ihn, die etwa 60 Prozent der Bevölkerung im Land ausmachen. Das habe ich, bald könnt ihr über unser Gespräch lesen.

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